Heute morgen mußte ich bei Alex folgendes lesen.

Mein besonderer Dank gilt der Linken, dass ihr populistisch Stammtisch-Politik macht – daran habt ich mich ja gewöhnt. Aber mit diesem Kindergartenverhalten, habt ihr Euch wirklich als absolut unwählbar bewiesen. Das ist nicht “der eigenen Linie treu bleiben”, sondern falsches Demokratieverständnis. Ihr würdet sicherlich auch keinen Diktator verhindern, weil er der Gegenkandidat nicht zur eigenen Linie passt.

Ich muß leider sagen, daß das ganze schlicht Unsinn ist. Weder ist Wulff ein Diktator, der verhindert werden müßte, noch ist Gauck der Heilsbringer, dem man sich nur aus niederen Beweggründen verschließen könnte.

Es fehlt keiner der klassischen (und ich sage bewußt nicht populistischen, weil dieses eben eines der Wörter ist, die im politischen Diskurs am häufigsten mißbraucht werden. Wäre die Politik mehr Usenet, gäbe es dazu schon längst ein Law.) Vorwürfe an den politischen Gegner: Kindergartenverhalten, Populismus und falsches Demokratieverständnis.

Fragt euch bitte einfach mal, wie Piratenabgeordnete abgestimmt hätten, hätte der Gegenkandidat nicht Gauck, sondern von der Leyen geheißen! Da hätte es aber unter Garantie auch jede Menge Kindergartenverhalten, Populismus und falsches Demokratieverständnis gegeben.

Und ja, auch mir wäre Gauck durchaus lieber gewesen; und ja, auch ich stehe den Linken sehr skeptisch gegenüber; aber: Ich kann sehr gut verstehen, warum für die Linken Gauck ebenso unwählbar ist wie Wulff. Und dieser Unwählbarkeit haben sie mit ihren Enthaltungen Rechnung getragen.

Alex ist jedoch nicht der einzige, der so argumentiert. (Beck argumentiert z. B. auch gerne so; übrigens auch gegen die Piratenwähler.) Die Argumentation funktioniert folgendermaßen:

Gruppe B: “Wir sind gegen A und ihr seid gegen A, also müßt ihr auch für unser B stimmen!” Daß aber Gruppe C genauso gegen B wie gegen A ist, ist dabei völlig schnurz. Damit kann man schön Gruppe C den Schwarzen Peter zuschieben und seine eigenen Hände in Unschuld waschen.

Die einzigen jedoch, die Schuld sind, daß A gewählt wurde, sind die, die für A gestimmt haben. Denn merke: Bei Wahlen wird abgestimmt was wir wollen, nicht, was wir nicht wollen. Drehen wir das um, bekommen wir nicht den Besten für den Job, sondern nur das kleinste gemeinsame Übel.